Rede zum Gedenktag 08. Mai 2016; Ende des Zweiten Weltkrieges; KZ-Friedhof in Neumarkt-Sankt Veit

Rede zum Gedenktag 08. Mai 2016

Ende des Zweiten Weltkrieges

KZ-Friedhof in Neumarkt-Sankt Veit

Erster Bürgermeister Erwin Baumgartner

 

Sehr verehrte Geistlichkeit,

meine Damen und Herren,

jedes Jahr am 8. Mai treffen wir uns hier, um an die Gefallenen, die Toten und Verwundeten, die Hinterbliebenen und Vertriebenen, am Jahrestag der Beendigung des Zweiten Weltkrieges zu gedenken

und gleichzeitig, aber auch für den Beginn des Friedens in unserem Lande zu danken.

Unser Ort des jährlichen Gedenkens an das Kriegsende am 8. Mai ist ein Besonderer. Hier im sogenannten KZ-Friedhof liegen 392 Personen begraben, die 1944/45 keine 15 Kilometer von Neumarkt entfernt, wegen ihrer Herkunft, wegen ihrer Abstammung, verfolgt, eingesperrt und zu Tode gequält wurden.

Jedes Jahr wird der Abstand zum Kriegsende größer, aber auch die Zeit des Friedens in unserem Land wird immer länger.

Ein sehr, sehr glücklicher Umstand für uns.

Erster Weltkrieg, zweiter Weltkrieg, das sind Begriffe, die jeder kennt, deren Jahreszahlen 1914 – 1918 und 1939 – 1945 in der Schule gelehrt werden.

Und immer zum 8. Mai gibt es viele Berichte in den Medien.

Aber vielleicht ist es Ihnen auch aufgefallen: In diesem Jahr hat man fast nichts in den Medien davon gehört.

Das war letztes Jahr schon anders. Da wars ein besonderes Datum: 70 Jahre.

Jetzt frage ich Sie meine Damen und Herren: Ist ein Kriegsende vor 70 Jahren etwas anderes, als ein Kriegsende vor 71 Jahren.

Es sieht ganz so aus, da man eigentlich  sehr wenig in diesem Jahr in  der Presse darüber gesehen und gehört hat.

Ich glaube aber, besser gesagt, ich behaupte es einfach, jeder 8. Mai ist so wichtig, dass man mit irgendeiner Veranstaltung an dieses besondere Datum gedenken soll und auch nachdenken soll.

Zugegeben, es wird immer schwieriger hier Menschen zu motivieren, dieses Datum ernst zu nehmen. Zuviele andere Nachrichten und Ereignisse aus der ganzen Welt beschäftigen die Medien, beschäftigen uns.

In unserer zivilisierten europäischen Welt dreht sich alles ums Geld, ums Geschäft, um Konsum, um Wettbewerb, um Sport und viele andere Dinge.

Unsere Gesellschaft hat sich wieder geändert – wobei es natürlich auch in den friedlichen Zeiten vor den Kriegen sicherlich auch so oder ähnlich war.

Auch da hat es ein normales Leben gegeben, auch mit den genannten Belangen, Problemen und Zielen, die die Menschheit immer hat.

Und auch heute, heute ist der Krieg schon lange vorbei, ganz weit weg, oder nur im Fernsehen zu sehen.

Aber so ist es nicht.

Der Krieg ist zwar nicht bei uns, aber die Auswirkungen von Krieg sehen wir jetzt auch täglich in unserer Stadt.

Fast 100 Menschen leben bei uns, und es werden noch mehr, die vor dem Leid und dem Schrecken eines Krieges ihre Heimat und teilweise auch ihre Familie verlassen haben und geflohen sind.

So weit weg kann also der Krieg nicht sein!!!

Was ist also unsere Aufgabe?

Natürlich die Erinnerung wach halten und immer wieder mahnen, mahnen, mahnen, unseren Frieden nicht aufs Spiel zu setzen.

Für das „Wie“ dazu gibt es sicherlich hier kein Patentrezept, aber auch unsere Politiker haben hier die Aufgabe unsere Freiheit und unsere Demokratie zu bewahren.

Sie müssen auch Vorbilder sein, vertrauenswürdig und ehrlich erscheinen, Parteipolitik und Politikverdrossenheit vermeiden.

Nur so kann man verhindern, dass falsche Kräfte an die Macht kommen und Rechtsstaat und Demokratie ausgeschaltet werden.

Wir müssen aber auch unsere christlichen und menschlichen Aufgaben und Verpflichtungen wahrnehmen und den Menschen helfen, die durch Krieg und Vertreibung ihre Heimat verloren haben.

Was man hier einbringt, wird einem irgendwie und irgendwann in irgendeiner Art und Weise wieder zurückgegeben.

Meine Damen und Herren,

Niemand ist auf ewig auf dieser Welt und niemand hat das Recht andere in den Krieg zu schicken.

Lassen Sie uns eine Minute in Ruhe und Stille

über und bei den 392 Toten dieser schrecklichen Zeit

über diese Vergangenheit und auch über unsere Zukunft nachdenken.